" Was kann das (ehemalige) und nicht aufgeklärte Kind für die herrschende Moralvorstellung und den entsprechenden Einfluss aus seinem nahen Umfeld?
...hm, warum hatte ich wohl diese recht wenig beachtete Frage in den Raum gestellt?
http://jungsforum.net/messages/183984.htm
Wenn wir davon ausgehen, daß mensch als *Erwachsener* (sagen wir mal, den Protagonisten in OpenGLs Story überkommt die Macht der Erkenntnis mit Mitte 30, ähnlich wie bei Volker Beck angeblich nach "Kontakten mit Vereinen wie Wildwasser") für seine Persönlichkeitsentwicklung und für das, was er für sich annimmt und ablehnt, vollständig selber verantwortlich ist - dann gilt das selbstverständlich auch für "Erkenntnisse" dieser Art. Wenn wir sagen: er ist *nicht* vollständig selber verantwortlich, dann wäre zu begründen, warum eine antipädophile Entwicklung weniger seiner Verantwortung unterläge wie zb. eine Entwicklung zum Neonazi oder zum Fensterputzer.
Damit hätten wir für eine Diskussion von "happy day gone bad"-Fällen jetzt bereits drei mögliche Verantwortungsträger: den Päden, den Antipädophilen und das Opfer selber. Je nach Blickwinkel und/oder ideologischer Neigung."
Guter Punkt.
Verantwortung ist meines Erachtens ein Kontinuum. Ich denke, es gibt im allgemeinen weder völlige Verantwortung noch völlige Unfreiheit. Dennoch muss das nicht davon abhalten, aus pragmatischen Gründen nach gewissen gesellschaftlichen Überzeugungen Verantwortungen zu verteilen und dementsprechend zu handeln. (siehe auch meine Antwort auf deinen Beitrag vom 1.Juli)
man könnte die Verantwortung also auch allen dreien zuteilen:
- der Pädo: er hätte den Sex lassen können und sich auf die Handlungen beschränken, die für das Kind sehr wertvoll sind UND wenige Risiken beinhalten
- die Antipädofraktion: sie hätten das ganze mit weniger Hysterie und mehr Beachtung des kindlichen Empfindens zum damaligen Zeitpunkt angehen können
- das ehemalige Kind: es hätte seine Fähigkeit zum rationalen Denken, Informieren, Abwägen und Entscheiden nutzen können, um sich Glaubens-Positionen zu erarbeiten, die sowohl seine Erinnerungen von erlebtem Glück als auch die Aussagen der Antis gleichzeitig in seinem Glaubenssystem zulassen, ohne negative Gefühle eines Spannungszustands oder des Gefühls, missbraucht worden zu sein -> aber das dürfte kaum möglich sein. Selbst Pädos schaffen es nicht. Sie leben auch ständig in einem Spannungszustand, wie die ständigen Diskussionen über solche Fragen ebenso zeigen wie die heftig-erbosten Reaktionen der vermeintlich der Unschädlichkeit-Sicheren, man solle "dieses Scheiß Gezweifle!!!1elf" doch endlich mal lassen. Es gibt also wohl immer irgendwelche negativen Gefühle: Entweder ich fühle mich missbraucht, oder ich ertrage die Spannung zwischen der Erinnerung und den herrschenden und auch internalisierten Missbrauchs-Überzeugungen nicht, oder schließlich ich ärgere mich über die Gesellschaft, welche meiner Erinnerung und meinen Überzeugungen entgegen arbeitet - oder im schlimmsten (vielleicht auch häufigsten?) Fall alle drei mit verschiedenen Anteilen.
Irgendeinen Ärger wird es also IMMER geben, wenn man sich nicht zu einem groben Verdränger oder gar Realitätsentferner entwickelt, es ist nur die Frage, welche der Alternativen die bequemste ist (=evolutionäres Prinzip). Die Verdrängung ist womöglich der beste Garant für ein glückliches Leben (wenn sie nicht gleichzeitig zu weitergehenden pathologischen Prozessen führt, vgl. Missbrauchsopfer mit multipler Persönlichkeit) , daher wäre es vielleicht das Unklügste, was ein Ex-ÄltererFreund tun könnte, seinem Ex-BF auf diese Erinnerung zu stoßen.
Womit auch bewiesen wäre, warum es unter den gesellschaftlichen Umständen keine größere Bewegung von glücklichen Ex-BFs, die dies kundtun, geben KANN (bzw. zumindest keine rundum glücklichen. Die einzige Gruppe, welche dafür Potenzial hat, ist der Teil, der sich über die Gesellschaftlichen Positionen ärgert. Vgl. Holunder.)
Man kann diese Verantwortungsfrage nicht objektiv eindeutig auflösen. Es hängt von den gemeinsamen Werten und Glaubensüberzeugungen ab, welche Werte man für richtig und für wichtiger hält.
wer ist Schuld? Wie trifft man die Abwägung?
Geschrieben von mignon am 16. Juli 2009
Antwort auf Re: Göttliche Fügung: Der leidende Anti geschrieben von Tenpenny am 16. Juli 2009
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- Re: wer ist Schuld? Wie trifft man die Abwägung? - michel am 17. Juli 2009 - (4 / 0 / 0)