Re: ...der Todfeind der Wissenschaft

Geschrieben von ecci am 02. März 2024

Antwort auf ...der Todfeind der Wissenschaft geschrieben von marcc_ am 02. März 2024

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Die Aktionsfelder von Moral und Wissenschaft haben keine gemeinsame Schnittmenge. Allerdings hat seit je die Kultur (zu dieser gehört auch die Ethik) die Aufgabe, wissenschaftliche Erkenntnisse ethisch zu bewerten und hierin ist Willkür der Hausmeister. Abstraktion ist die Willkür der Zweckmäßigkeit, also dessen, was aus der Menge des Möglichen an einen konkreten Ort und zu einer bestimmbaren Zeit für einen bestimmten Zweck für nützlich gehalten wird.
Wissenschaft ist lediglich der Versuch zu beweisen, ob ein materielles oder abstraktes "Dingens" existiert und warum es existiert.
Abstrakte Konstrukte wie z.B. Kultur sind allerdings kontingent. Der Begriff der Kontingenz enthält Wirkliches (ein abstraktes Konstrukt bestimmt die gesellschaftliche Wirklichkeit zu einer bestimmbaren Zeit und an einem konkreten Ort), er enthält Mögliches (es könnte auch ein völlig anderes Konstrukt sein), und er enthält Notwendiges (es ist zu einer bestimmbaren Zeit und an einem konkreten Ort, wie es ist und eben nicht anders).
Warum es aber so ist wie es ist, ist durch Wissenschaft nur näherungsweise zu bestimmen. Ob das abstrakte Dingens (z.B. Kultur) nun aber so sein muss wie es ist und nicht anders, kann Wissenschaft nicht beweisen.
Dass manche Männer Heranwachsende erotisch anziehend finden und auch manche Jungs erwachsene Männer ist zwar eine unleugbare Tatsache, welchen Sinn eine Gesellschaft dieser Tatsache gibt ist Willkür, die von den kontingenten Utopien dieser Gesellschaft bestimmt wird. Oder andersherum, was macht der sogenannte Außenseiter vom Rand der Normalverteilung (zum Beispiel der sexuellen Bedürfnisse) aus seinem Sosein, wie passt er sich an seine momentane kulturelle Umwelt an, die glaubt seines Soseins nicht zu bedürfen?

Bei Rüdiger Lautmann las ich in seiner "Soziologie der Sexualität"
>>Helmut Schelsky unterhielt sich mit Hans Bürger-Prinz über die Grundfrage: „Was macht ein Mensch aus seiner Abnormität, aus seiner Krankheit?“ Diese Frage war für jeden Mörder zu stellen ebenso wie für jeden kulturellen, wirtschaftlichen oder politischen Hochleistungsneurotiker. Der Psychiater habe ihm immer wieder verdeutlicht, dass nicht die psychologische „Reduzierung von Hölderlin, Nietzsche oder Gründgens auf ihre Krankheit oder ihren psychopathischen Zustand die gerechte Einstellung ihnen gegenüber war, sondern die Frage, weshalb sie daraus diese kulturellen Höchstleistungen zustande brachten, während viele gleicherweise Erkrankten eben nur Betreuungsfälle blieben“.
Joyce McDougall begründet psychoanalytisch: „Könnte es nicht sein, dass wir letzten Endes nur die Wahl haben, kreativ zu werden oder zu sterben? Im Zentrum der menschlichen Psyche steht das Verbotene und das Unmögliche. Daher müssen die Menschen, so gut sie nur können, darum kämpfen, ihre Illusionen, ihre persönliche Identität und ihre Fähigkeit zur Triebbefriedigung aufrechtzuerhalten.“ An Geheimnissen des Alltagslebens und persönlichen Verrücktheiten ist festzuhalten, weil sie „das tödliche Gespenst einer ‚normativen Normalität’ verscheuchen, welche sich nur allzu leicht bei Erwachsenen durchsetzt“.<<

ecci

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