Zur Geschichte der Politischen Korrektheit
Geschrieben von corydon am 09. Juni 2019Der Begriff "Politische Korrektheit" begegnete mir um 1990 erstmals in der "Jungen Freiheit" (damals noch eine monatlich erscheinende, von rechten Studenten gemachte Zeitung).
Außerhalb des rechten Milieus war der Begriff so gut wie völlig unbekannt. Wie ich später las, stammte er aus dem universitären Milieu der USA.
Politische Korrektheit bedeutet Gesinnungskontrolle, Zwang zum Nicht-Überschreiten von "roten Linien". Diese roten Linien können - in der Politik - sowohl von Rechten wie Linken gezogen werden. In der Mc-Carthy-Ära unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg gab es in den USA eine Politische Korrektheit von rechts.
In den 60er und vor allem 70er Jahren schlug das Pendel weit nach links aus. Der studentische Ruf "Alle Macht den Räten!" war ernst gemeint. Man wollte den Umsturz, die Revolution, die aber in der kapitalistischen Gesellschaft von ein paar Studenten nicht durchsetzbar war. Das begriffen die Linken endlich und warfen sich, dem italienischen Theoretiker Gramsci folgend, auf das "weiche" Thema Veränderung der Moral, um die Köpfe der Menschen auf diese Weise in den Griff zu bekommen und gesellschaftlich/politischen Einfluss zu erlangen. Themen wie Gleichberechtigung und "Befreiung" der Frau, der Homosexuellen, Behinderten, Kampf gegen die Umweltzerstörung usw. brachten einerseits eine Aufwertung für Frauen, Schwule, Behinderte und nutzten der Umwelt, verstärkten andererseits den politischen Einfluss der diesen Kampf kämpfenden Linken und Grünen auf dem Weg einer Moralisierung der Gesellschaft.
Die Linken und Grünen hatten sich eine Moralwaffe geschmiedet, mit der sie wirkungsvoll auf alle Andersdenkenden, das heißt in erster Linie Konservative, eindreschen konnten. Die Veränderung ging einher mit einer Sprachdiktatur. Bestimmte Begriffe durften nicht mehr verwendet werden. Sie galten als überholt oder gar faschistisch. Man lache nicht, aber Journalisten wurde es von der entstehenden links-grünen Ökodiktatur in den 80/90er Jahren verwiesen, von "Raubvögeln" zu reden, das heiße jetzt "Greifvögel".
Auf alle diese Weise gelang es, die alte, christlich-konservative Ordnung der Adenauer- und Ehrhardzeit nach und nach zu zersetzen (nicht dass ich dahin zurück möchte, ich stelle es nur fest). Zu den Mitteln zu diesem Zweck zählte zum Beispiel auch die Sexualisierung (Sex-Welle der 60er und 70er Jahre). Die Linken und Grünen erwiesen sich dabei als Vollstrecker der Interessen des Kapitalismus, dessen Ausbreitung durch die alte christlich-konservative Ordnung eingeschränkt wurde. Diese Begrenzung wurde niedergerissen: Die Leute sollten künftig nicht mehr in den Kirchen sitzen und beten (sonntags auch nachmittags bei der Andacht), sondern konsumieren. Schließlich erschienen grüne Politiker zu einer Fahrrad-Demonstration mit einem Auto, auf das ein Fahrrad geschnallt war.
Auf einen ganz wichtigen Aspekt hat der konservative Autor Arnim Mohler (Verfasser von "Die konservative Revolution", Sekretär von Ernst Jünger) hingewiesen. In Kurzform gesagt: Der amerikanische und russische Präsident Kennedy/Chruschtschow haben sich 1960 in Wien gegenseitig ihre Einflusssphären garantiert, sie haben die Welt unter sich aufgeteilt. Diese Garantie hat gehalten. Es gab zwar Reibereien hier und dort, aber keinen großen Krieg. In Folge der Garantie der Einflusszonen wurde Deutschland-West, die Bundesrepublik, für die USA nicht mehr so wichtig. Sie verlor an politischem und militärischem Gewicht im Vergleich zur unmittelbaren Nachkriegsära. Die USA konnten jetzt zulassen (was sie vorher wegen der Remilitarisierung Westdeutschlands verhindert hatten), dass die Bundesrepublik verstärkt wegen ihrer NS-Vergangenheit von allen Seiten "gezwiebelt" und politisch unter Druck gesetzt wurde. Die Studentenrevolution der 70er Jahre machte davon noch keinen Gebrauch, denn ihr ging es um die proletarische Revolution, die Vergesellschaftung des Produktionsmittel, nicht um die Vergangenheit. Anders die Grünen der 80er Jahre. Sie begriffen, dass sie mit der "Vergangenheitsbewältigung" eine Moralwaffe allererster Güte in der Hand hatten: Konservative konnten jetzt in die Nähe des historischen Nationalsozialismus gerückt und damit diskreditiert werden, ja nicht nur Konservative. Bekanntlich hat Joschka Fischer/Grüne als Außenminister behauptet, durch den Krieg der Nato gegen Serbien ein neues Auschwitz auf den Balkan verhindern zu müssen. So viel zur politischen Instrumentalisierung von Auschwitz.
Als ich in den 80er Jahren ein Foto sah von Bundeskanzler Helmut Kohl an der Seite des damaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden, Werner Nachmann, beide die Kipa auf dem Kopf, bei einem Besuch in Auschwitz, war mir klar, dass die von Kohl bei seinem Regierungsantritt proklamierte "geistig-moralische Wende" nicht zu verwirklichen war. Der Zeitgeist war dagegen, er war schon zu weit ins Antifaschistische (Antifaschismus als politische Strategie verstanden) gekippt. Kohl hat mit Hilfe der mächtigen Medienkonzerne Axel Springer und Leo Kirch publizistische Waffengleichheit gegen seine Gegner erringen können, aber er hat die "Wende" im konservativen Sinne nie geschafft. Er war ein Machtmensch. Er wusste, dass er beim Versuch dieser Wende politisch draufgegangen wäre. So hat er sich lange halten können, finanziell mit seinen schwarzen Kassen. Das Geld stammte wahrscheinlich von Alexander Schalck-Golodkowski, DDR, als Rücktransfer eines Teil des Gewinns, den die DDR bei krummen Geschäften mit der BRD auf internationalem Markt (u.a. Waffenhandel) erzielt hatte. Schalck soll die halbe BRD geschmiert haben, doch das nur nebenbei.
Insgesamt ist in der BRD von einer Linksverschiebung des politischen Spektrums seit den 80er Jahren zu sprechen (das ist die sich seit dieser Zeit heranbildende politische Korrektheit im gemäßigt linken, antifaschistischen Sinne). Dabei ist die Entwicklung gegensätzlich, paradox gewesen. Die Rechten sind ein Stück nach links, die Linken ein Stück nach rechts gewandert. Die CDU ist durch Merkel konservativ entkernt, den Grünen und der SPD ähnlich geworden. Allmählich berappeln sich erste Konservative wieder. Ehemalige extreme Linke wie Ulla Schmidt (maoistischer Kommunistischer Bund Westdeutschland) sind heute eher bei den konservativen Sozialdemokraten zu finden. Man vergleiche ferner den Werdegang von Joschka Fischer und Gerhard Schröder. Die ehemals Linken haben ihren Frieden mit dem kapitalistischen System gemacht und dessen Annehmlichkeit zu schätzen lernen gewusst (Stichwort Toscana-Fraktion).
Rechte und Linke haben sich in einer neuen Mitte getroffen. Diese neue Mitte ist gegenüber der alte Mitte nach links verschoben und sie ist im Prinzip nichts anderes als die erwähnte Politische Korrektheit. Wer von ihr abweicht, ob nach rechts oder nach links, der kriegt etwas auf die Finger.
Die Medien, Kirchen, Schulen haben diese Politische Korrektheit internalisiert (verinnerlicht). Sie können gar nicht mehr anders denken und leben in dieser Hinsicht in einer eigenen Welt. Jahrzehntelang haben sie sich in ihrer Eigenwelt wohnlich eingerichtet und können nicht begreifen, dass plötzlich Konservative wie Trump und die AfD aus ihren Löchern kommen (so nehmen die politische Korrekten das wahr) und Ärger machen, denn jahrzehntelang ist es gelungen, die Konservativen mit der Moral- und Faschismuskeule zum Schweigen zu bringen. Konservative hat es immer gegeben, aber sie hatten sich ab den 90er Jahren weitgehend ins Schweigen zurückgezogen (außer am von den Medien vielbelästerten Stammtisch).
Selbstverständlich leben Trump, die AfD und all die vielen anderen "Populisten" ebenfalls in ihrer eigenen Welt. Aber man muss sich fragen, ob die Eigenwelt der "Populisten" nicht zumindest in Teilen (etwa Einwanderungskrise, Kritik an der Bevormundung durch die Alt-Medien) der Wirklichkeit näher ist als diejenige der alten Eliten, ihrer Medien und all der vielen Lehrer und Lehrerinnen in den Schulen, die die Entwicklung seit geraumer Zeit verschlafen haben und jetzt ein bitteres Erwachen erleben.
Es wird ein hartes Stück Arbeit kosten und ein bitterer Prozess für die alten Eliten, für die politisch Korrekten und Etablierten sein, aus ihrer Eigenwelt herauszufinden. Wie schwer das ist, zeigt etwa der Fall Chemnitz. Die alten Eliten und die Mehrheits-Medien nehmen den Fall völlig verdreht wahr, aber sie merken es nicht.
Da wir hier in einem Pädo-Forum sind: Im Zuge der erwähnten Sexualisierung als Mittel zur Zersetzung der alten Ordnung und Ausbreitung des Kapitalismus (die schwule Szene ist heute bis zum Geht-nicht-Mehr kommerzialisiert) sind vorübergehend die Abgrenzungen gegen die Pädos gefallen. Aber nicht für lange. Pädosexualität ist im Gegensatz zur reinen Homosexualität eine Bombe mit zu großer Sprengkraft. Da musste der Deckel drauf. Und allen Lolita-Bildern im "Spiegel" und anderswo zum Trotz: Pädosexualität lässt sich nicht in dem Maße kommerzialisieren, wie das mit der schwulen Szene heute gelungen ist.
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- Sehr guter und lesenswerter Text! (kT) - Gabriel am 10. Juni 2019 - (4 / 0 / 2)
- Unsinniger Begriff - Schneeschnuppe am 10. Juni 2019 - (6 / 0 / 1)
- Re: Unsinniger Begriff - Reinhard am 11. Juni 2019 - (9 / 0 / 0)
- Unsinniger Begriff - Schneeschnuppe am 10. Juni 2019 - (6 / 0 / 1)
- Re: Zur Geschichte der Politischen Korrektheit - Reinhard am 10. Juni 2019 - (5 / 0 / 9)
- Ich habe Gabriel auch kritisiert... - M´Noel am 10. Juni 2019 - (8 / 0 / 7)
- Re: Ich habe Gabriel auch kritisiert... - Reinhard am 10. Juni 2019 - (4 / 0 / 6)
- Re: Ich habe Gabriel auch kritisiert... - M´Noel am 17. Juni 2019 - (6 / 0 / 4)
- Re: Ich habe Gabriel auch kritisiert... - Gabriel am 17. Juni 2019 - (8 / 0 / 3)
- Re: Ich habe Gabriel auch kritisiert... - Reinhard am 18. Juni 2019 - (4 / 0 / 2)
- Re: Ich habe Gabriel auch kritisiert... - Padjek am 18. Juni 2019 - (6 / 0 / 1)
- Re: Ich habe Gabriel auch kritisiert... - Reinhard am 18. Juni 2019 - (4 / 0 / 0)
- Re: Ich habe Gabriel auch kritisiert... - Padjek am 18. Juni 2019 - (6 / 0 / 1)
- Re: Ich habe Gabriel auch kritisiert... - Reinhard am 18. Juni 2019 - (4 / 0 / 2)
- Re: Ich habe Gabriel auch kritisiert... - Gabriel am 17. Juni 2019 - (8 / 0 / 3)
- Re: Ich habe Gabriel auch kritisiert... - Reinhard am 10. Juni 2019 - (7 / 0 / 0)
- Re: Ich habe Gabriel auch kritisiert... - M´Noel am 17. Juni 2019 - (6 / 0 / 4)
- Re: Ich habe Gabriel auch kritisiert... - Reinhard am 10. Juni 2019 - (4 / 0 / 6)
- Bezug zum 'Kreuzzug gegen Gabriel' - nicht genervt am 10. Juni 2019 - (4 / 0 / 0)
- Ich habe Gabriel auch kritisiert... - M´Noel am 10. Juni 2019 - (8 / 0 / 7)
- Guter Text...gute Arbeit - wenngleich ich bezueglich der Entwicklung der... - M´Noel am 10. Juni 2019 - (12 / 0 / 5)
- Das war uns allen klar, M'Noel.... n/t - Posi am 10. Juni 2019 - (4 / 0 / 2)
- Mir wird so langsam auch etwas klar - Teddy am 10. Juni 2019 - (5 / 0 / 1)
- Re: Mir wird so langsam auch etwas klar - Posi am 11. Juni 2019 - (5 / 0 / 0)
- Mir wird so langsam auch etwas klar - Teddy am 10. Juni 2019 - (5 / 0 / 1)
- Re: Guter Text...gute Arbeit - wenngleich ich bezueglich der Entwicklung der... - corydon am 10. Juni 2019 - (6 / 0 / 1)
- Hab das nicht vergessen...muss mir dafuer mal die Zeit nehme - M´Noel am 17. Juni 2019 - (4 / 0 / 0)
- Das war uns allen klar, M'Noel.... n/t - Posi am 10. Juni 2019 - (4 / 0 / 2)